Das war eine Verabschiedung!
Pünktlich wie angekündigt legte die OMA um 13 Uhr ab. Die Hafenkapelle spielte „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus…“
Meine Freunde Werner mit seinem Akkordeon aus Berlin und Lutz mit seiner
Trompete aus Schwedt kamen extra angereist. Weiterhin hatte sich Werner, unser Masten-Kranverantwortliche und Roland, mein Mitsegler ab Bergen, zum großen Winke-Winke eingefunden.
Einige Sportfreunde hatten mir schon vorher eine gute Reise und glückliche Heimkehr gewünscht. So viel Verehrung bin ich doch gar nicht wert. Trotzdem habe ich mich mächtig gefreut und war einigermaßen gerührt.
Leider machte mir die Maschinenanlage schon wieder großen Kummer: Der Schalt-Vorgang arbeitet nicht zuverlässig. Mal klappt es, mal nur mit Verzögerung. Dadurch habe ich mir beim Ablegemanöver den Flaggenstock abgebrochen. Epoxi-Kleber hat den Schaden über Nacht zwar behoben, doch es ist ein ungutes Gefühl, sich nicht auf seine Maschine verlassen zu können. Dabei weis ich noch nicht mal, ob es wieder am Getriebe liegt, was schon zweimal repariert wurde oder an der Mechanik im Umsteuerpropeller.
Nach dem morgentlichen Tee ging es mit null Wind ab Swienemünde los. Die Frühstücksstullen waren vorbereitet. Die Wettervorsage versprach Ost mit 8 m/s, idealer Spinnakerkurs Doch daraus wurde nichts. Auf See bliesen nur 6 aus NO. Da brächte er nur Krängung aber keinen Vortrieb.
Trotzdem, mit 5 – 6 kn Fahrt, und das unter Windfahnensteuerung, kann man nicht meckern.
Über Mittag frischte es auf bis 9,9 m/s, für Vollzeug bei Raumwind grenzwertig. Fahrt teilweise über Rumpfgeschwindigkeit. Da lacht das alte Salzbuckelherz. Erst hinter Sassnitz schlich die OMA mit 1,6 kn um den Jasmund, machte dann aber kurz vor Lohme doch noch mal 6 (Knoten natürlich). Beim Anlegen halfen mir Bekannte, die ich von anderen Sportfreunden her kenne. Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass das vordere Bb.-Unterwant vollkommen lose war. Trotz zweier Kontermuttern. Glücklicher Weise lag die Wantenspanner-Hülse an Deck. Ich hätte keinen Ersatz an Bord. Und außerdem kann sowas ja den Mast kosten.
Abends wurde ich von Alfred und Anneliese auf ihre „Phönix“ zu einem Klönsnack eingeladen. Sie hatten mich schon von Weitem kommen sehen und sagten sich: Das kann nur Oeli sein. Mal verschwindet er im Wellental, mal taucht er auf. Auf 2 m hohen Wellen mit full speed lang zu reiten ist für die OMA und ihren Skipper aber auch das Größte.
Manchmal fühl ich mich so richtig als Glückspilz: Nicht nur, dass ich den geplanten Hafen Sassnitz überspringen konnte und damit einen Tag Planvorsprung hatte;
Der 1. Juni (Tag des Kindes) verlief noch angenehmer. Um 6 Uhr früh war noch wenig Wind und kühle Luft. Lange Thermounterwäsche schaffte wieder Wohlbehagen. Das vorsorglich eingebundene Reff konnte nach dem Frühstück ausgeschüttet werden und so ging es mit halbem Wind und Vollzeug quer über die Ostsee. Die OMA pflügt mit über 6 kn die See und die Windfahne hält stabilen Kurs. Alle Schiffe (noch weit hinter dem Horizont) hatte ich per AIS auf meinem Plotter und sie mich wahrscheinlich auch. Da kann man schon mal ein Auge voll Schlaf nehmen ohne das seemännische Gewissen zu quälen. Nach dem Nachmittagskaffee ließ der Wind nach und raumte noch dazu, sodass endlich mein geliebter Blister zum Tragen kam und die Fahrt wieder gegen 6 ging. Durch all diese Glücksumstände kam ich nicht erst wie befürchtet in der Nacht sondern pünktlich um 18 Uhr durch die Falsterbro-Brücke. In Hölleviken, am Kanalende, für die Nacht festgemacht. Strom geklaut.
Für den 2. 6. fand selbst der Windfinder keinen Wind. Umlaufend 1 – 2 m/s reichen nicht zum Vorwärtskommen. Also muss mein braver Jockel ran.
Die Nacht war furchtbar. Manchmal geht es mir eben auch echt besch…..
Seit mir der böse Krebs vor 9 Jahren meinen Magen geklaut hat, weis die blöde Galle immer noch nicht, wie wenig sie produzieren muss. Normaler Weise kann ich dem Zuviel mit einigen Tricks begegnen: Zwieback essen, Medizin nehmen oder eine Tasse Kamillentee trinken. Ab und zu aber, wenn im Schlaf ein kleines Bäuerchen die Mistbrühe in den Hals spült, sind das solche Schmerzen dass man lieber gleich sterben möchte. Der ganze Rachenraum, die Stimmbänder, Schleimhäute, alles verätzt. Als würden glühende Eisen durch die Kehle jagen. Da hilft kein Husten, Schlucken oder Räuspern. Der Schmerz hält lange lange an. An Schlaf war nur in kurzen Interwallen
in Sitzposition zu denken. Also was hilft´s? Im Morgengrauen den Jockel an und Falsterbokanal Ade.
So einen Sonnenaufgang auf dem Wasser bei Sommerwetter finde ich noch schöner als abends den Untergang. Da ist man manchmal schon geschafft.
Bei fast Leerlaufdrehzahl schiebt der Motor mit 3,7 kn durch ölglattes Wasser.
Um 10.30 in Kopenhagen „Lange Linie“ fest. Dann rief mein Enkel an: Er fährt die Nacht durch mit dem Bus und steht bereits um 8°° Uhr hier auf der Matte. Den Tag über werden wir Touristen spielen und abends auf die andere Seite verholen, wo der Marineshop ist. Ersatzteile Kaufen.
SVB hatte mich nämlich erstmals enttäuscht: Anstatt meine NAVIONICKS-Karten mit Update zurück zu schicken, bekomme ich zweimal die gleichen. Es fehlt die Nr. 45XG Skagerrak und Kattegat, wo wir ja hin wollen. Hoffentlich kann Carsten das noch bei AWN in Hamburg richten. (Er konnte.)
Als IT-Spezialist wird er Opa morgen zeigen, wie ein E-Mail-Verteiler aufgebaut
wird. Wer weiterhin Interesse an meinen Berichten hat, möge einmal eine
Bestätigung schicken, sonst erfolgt Streichung vom Verteiler.
Seit 8°° Uhr sitze ich auf einer Bank im Schatten; die Sonne brennt schon unbarmherzig.
Der Frühstückstisch ist längst gedeckt, sogar mit Begrüßungsblumenstrauß.
Endlich ist er da. Kommt mit City-Fahrrad und hat seinen Seesack in der Gepäck-Aufbewahrung gelassen. Nach dem reichhaltigen Frühstück mit allem was die Bilge hergab haben wir uns ein Taxi bestellt. In der Wartezeit wollte ich mir ein Eis gönnen; Aber fünf EURO für eine Kugel Erdbeereis? Die müssen doch was am Kopp haben. Liegegeld für eine Nacht von 46 Euro können sie auch nur nehmen, weil die wirklich „Kleine“ Meerjungfrau ihnen sagenhaften Massentourismus beschert. Kolonnen von Reisebussen aus aller Herren Länder rings um den Hafen reißen nicht ab.
Ich mache mich an die Backschaft zum Mittagessen: Gefüllte Paprikaschoten,
Salzkartoffeln und Mandarinenkompott, Carsten räumt seinen Seesack aus und richtet sich in seinen Räumlichkeiten ein. Herzliche Grüße von seiner Mutter sind angekommen, Danke!
Nach der für beide verdienten Mittagsruhe hat Carsten Landgang bis 20°° Uhr und ich schreibe.
Na dann bis zum nächsten Schriebs, euer Oeli.